Ayurveda in der Küche
Das „Wissen vom Leben“
Ayurveda bedeutet im Altindischen (Sanskrit) „Wissen vom Leben“. Die ayurvedische Medizin geht auf die sogenannte „vedische Zeit“, ungefähr 3000 Jahre vor unserer Zeit, zurück. Diese setzt sich erstmals überhaupt ganzheitlich mit dem Menschen auseinander. Gemäß der ayurvedischen Lehre bilden Körper und Geist eine Einheit und beeinflussen sich gegenseitig: Ist der Körper gesund, so ist es auch der Geist. Leidet der Geist, so tut dies auch der Körper. Nach der ayurvedischen Lehre werden sowohl der Körper als auch der Geist behandelt, um Heilung zu ermöglichen und das Gleichgewicht der drei im menschlichen Körper vorhandenen Lebensenergien (Doshas) wiederherzustellen.
Jahrtausendelange Erfahrung bildet die Grundlage für ein tiefgreifendes Wissen über die Pflanzen im indischen Kulturkreis. Dieser umfasst auch Ceylon, das heutige Sri Lanka, wo es mehr ayurvedische Ärzte als Schulmediziner gibt. Ein Großteil der Bevölkerung hält wenig von den Medikamenten der internationalen Pharmaindustrie und greift, da es oft keine Ärzte gibt, bei der Behandlung von Krankheiten lieber auf überlieferte Familientraditionen zurück, wobei die für den Tee oder eine kräftige Brühe genutzten Blätter, Wurzeln und Rinde oft direkt im eigenen Kräutergarten wachsen.
Indem man die einzelnen Bestandteile, die zum Teil unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, miteinander kombiniert, erhält man ganzheitliche Medikamente, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken oder ergänzen oder umgekehrt mögliche Nebenwirkungen aufheben sollen. Wie im gesamten Orient dient Essen auch im Verständnis des indischen Kulturkreises nicht nur der Sättigung, sondern auch der Erhaltung der Gesundheit und der Vorbeugung altersbedingter Beschwerden und Krankheiten.
Die Küche als Hausapotheke
Laut ayurvedischer Lehre gibt es sechs Geschmacksrichtungen: Süß und salzig, sauer und bitter, scharf und herb. Gekocht wird nur mit unverarbeiteten Zutaten, wobei die intensivsten davon, die Gewürze, eine zentrale Rolle spielen. Natürlich finden sich in der ayurvedischen Küche auch die aus der internationalen Küche bekannten Gewürze. Dabei macht sie sich auch bei uns eher unbekannte Eigenschaften bestimmter Pflanzen zunutze: So gilt etwa der Knoblauch (Sudulunu) in der ayurvedischen Medizin als eines der wirksamsten Universalmedikamente.
Zu den Heilmitteln, die im Westen in jeder Küche zu finden sind, gehört Pfeffer (Gammiris), der den Speichelfluss und die Schweißproduktion anregt sowie die Verdauung fördert. Chili ist ein Blutgerinnungshemmer, der, wohldosiert angewandt, die Bildung von Blutgerinnseln verhindert. Vanille wirkt krampflösend, und die allseits bekannte Pfefferminze hilft gegen Nervosität und Bauchschmerzen.
Die besonderen Schätze der Insel
Natürlich gibt es auch andere ayurvedische Elemente, die in anderen Teilen der Welt, z.B. in Afrika, zum Alltag gehören. So sorgt etwa der in Ägypten als Karkade und im Senegal als Bissap bekannte Hibiskus für einen geregelten Blutdruck. Er wird vor allem in der afrikanischen Medizin sehr geschätzt. Manche Pflanzen sind allerdings fast nur in Asien bekannt. Die indische Stechwinde (Iramusu), die nichts mit der europäischen Stechwinde (Sarsparilla) gemein hat, wirkt stark entgiftend, genau wie die runden Blätter der auch als Tigergras bekannten Centella (Gotu Kola). Der Bergknöterich (Polpala) dagegen wird speziell zur Behandlung von Lungen- und Atemwegserkrankungen eingesetzt.
Der Meerrettichbaum oder Moringa (Murunga) ist eine der populärsten Pflanzen Sri Lankas. Alle Pflanzenteile wirken entgiftend und die Entgiftung des Körper spielt in der ayurvedischen Medizin eine wichtige Rolle. Der Saft der Pflanze fördert die Wundheilung. Ein Sud aus gekochter Rinde verzögert die Bildung von Nierensteinen, während seine Wurzeln gegen Gelenkschmerzen und Asthma helfen Genau wie Kardamom fördert auch Zitronengras die Verdauung und wirkt zusätzlich beruhigend.
Die ayurvedische Küche hilft dabei, Krankheiten wie Diabetes zu behandeln. Beispielsweise hilft ungeschälter roter Reis dabei, Diabetes wirksam vorzubeugen. Zur Behandlung von Diabetes eignen sich Bockshornkleesamen (Uluhal) oder die vielseitig einsetzbare Ingwerwurzel (Inguru), ein wirksames Antioxidans, während Zimt (Kurundu) den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel senkt. Das gilt auch für Aufgüsse aus Ranawara (Cassea auriculata), die in Sri Lanka häufig auch als Avaram oder Matara bezeichnet wird.
Die Medizin der Zukunft
Einige dieser Mixturen werden industriell hergestellt und ganz selbstverständlich ins Angebot der Apotheken aufgenommen. Sie werden in den fortschrittlichsten medizinischen Zentren des Landes routinemäßig eingesetzt oder sind auf Rezept erhältlich. Dabei handelt es sich ebenso um eine Wissenschaft für sich wie bei den einzigartigen Wirkstoffen, die nur von Sri Lanka bezogen werden können.
In den letzten Jahren hat sich die ayurvedische Medizin auf der ganzen Welt verbreitet. Die Leute leben zwar gewöhnlich nicht nach dem komplexen ayurvedischen System, konsumieren aber immer häufiger beispielsweise Tees, deren Kräutermischungen Fachleute, die sich in der ayurvedischen Medizin auskennen, speziell für sie zusammengestellt haben.
Hierbei ist jedoch Folgendes zu beachten: Die Wirkung bestimmter Pflanzen ist weder wissenschaftlich nachgewiesen noch durch erfahrene Kräuterkundige bestätigt, sondern beruht lediglich auf Überlieferungen. Viele dieser Pflanzen und Kräuter wirken nur in einer Konzentration, die für Laien unerreichbar ist. Umgekehrt handelt es sich bei Pflanzen mit nachgewiesener medizinischer Wirkung per Definition um Arzneimittel. Daher kann ihre Einnahme gefährlich werden, wenn man die genaue Dosierung nicht kennt. Daher ist es am sichersten, Fachleute für ayurvedische Medizin aufzusuchen - am besten welche aus Sri Lanka.